Weiterbildung in den Koalitionsverhandlungen berücksichtigen

Stellungnahme

Der Rat der Weiterbildung – KAW bittet die Koalitionspartner eindringlich, sich um eine Berücksichtigung der Weiterbildung im Koalitionsvertrag einzusetzen. Wir mussten leider in den letzten Jahren erleben, dass die Wichtigkeit eines lebenslangen Lernens zwar immer wieder in Reden betont wird, aber in der Praxis leider nur frühkindliche Bildung, Schule, Hochschule und berufliche Bildung im Blick sind. Die Notwendigkeit einer Berücksichtigung des Weiterbildungsbereiches sehen wir insbesondere in folgenden Bereichen:

Kooperationsverbot

Eine zielgerichtete Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern über den gesam-ten Bildungsverlauf ist eine entscheidende Voraussetzung für mehr Teilhabe und Bildungsgerechtigkeit im deutschen Bildungssystem. Neben der Initiative zugunsten der Wissenschaft und Forschung benötigt Deutschland die Aufhebung des Ko-operationsverbots auch in anderen Bildungsbereichen.
Gerade im Weiterbildungsbereich hat sich nicht nur einmal gezeigt, dass der Bund gebraucht wird – etwa um Maßnahmen gegen Analphabetismus und mangelnde Grundbildung zu initiieren und zu finanzieren. Künftig muss es Bund und Ländern unter bestimmten Voraussetzungen möglich sein, in allen Bildungsbereichen ge-meinsame Bildungsprogramme zu vereinbaren, an denen sich der Bund finanziell beteiligen kann – und dies, ohne den Föderalismus auszuhebeln.

Grundbildung

Alphabetisierung und Grundbildung ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche und langwierige Aufgabe. Da sind kurze Förderperioden oft nicht zielführend. Die nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung muss fortgeführt werden und längere Zeiträume für Projekte ermöglichen. Sie braucht dafür eine solide finanzielle Ausstattung. Auch wäre eine stärkere Abstimmung zwischen Bundes- und Landesaktivitäten für diesen Bereich sinnvoll.

Digitalisierung

Unbestritten ist, dass die Digitalisierung in den nächsten Jahren Wirtschaft und Gesellschaft in erheblichem Maße verändern wird. Menschen müssen sich dabei nicht nur mit digitalen Produkten und Funktionalitäten vertraut machen, sondern gefordert sind auch Analyse- und Handlungskompetenz. Alle Förderprogramme des Bundes, insbesondere die „Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesell-schaft“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) müssen so konzipiert werden, dass auch die Weiterbildung fit gemacht wird für die Heraus-forderungen der digitalen Wissensgesellschaft. Denn digitale Bildung müssen alle Menschen erwerben können und zwar lebenslang. Ältere in Beruf und Rente, Menschen mit Grundbildungsbedarf, Männer und Frauen, die nach einer Erzie-hungsphase in den Beruf wiedereinsteigen wollen, müssen dabei in besonderer Weise berücksichtigt werden.

Bildungsprämie

Aus Sicht der Weiterbildung hat der Bund mit dem Programm Bildungsprämie einen erfolgreichen Beitrag zur Steigerung der Weiterbildungsbeteiligung ins Leben gerufen. Dieses Programm sollte in der nächsten Legislaturperiode ausgebaut und mit Eigenmitteln des Bundes fortgeführt werden. Gleichzeitig sollte dabei die Zielgruppeneinschränkung auf Finanzschwache aufgehoben werden.

Bildung und Migration

Mit großen Kraftanstrengungen und hoher Professionalität haben die Weiterbil-dungsträger die letzten zwei Jahre in diesem Bereich Angebote ausgebaut oder neu entwickelt. Unser aller Ziel sollte es sein, eine gute und schnelle Integration der Menschen, die zu uns gekommen sind oder noch zu uns kommen zu ermöglichen. Dies bedeutet aber, dass allen Zuwanderergruppen ein Anspruch auf frühe Förde-rung in Sprach- und Orientierungskursen eingeräumt werden muss. Wir fordern Bund und Länder auf, unter der Dachmarke des Integrationskurses ein kohärentes Anspruchs- und Fördersystem einzurichten.
Hohe Kursqualität, differenzierte Zielgruppenkonzepte, ein orts- und zeitnaher Kurszugang sowie die Ermöglichung adäquater Arbeitsbedingungen im Rahmen von Festanstellungen oder auf der Basis angemessener Honorare für die Lehrkräfte können nur dann zuverlässig sichergestellt werden, wenn die Träger eine mehr-jährige Planungssicherheit erhalten. Der dringend notwendige qualitative und quantitative Ausbau des Integrationskurssystems muss im Rahmen einer auf Dauer angelegten Struktur erfolgen. Hierfür sind von Bund und Ländern die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Politische Bildung

Deutschland benötigt neben Fachkräften für den Arbeitsmarkt auch eine funktio-nierende Zivilgesellschaft und Bürgerinnen und Bürger, die sich für die Demokratie einsetzen. Programme der politischen Bildung und der Extremismusprävention müssen auch für Erwachsene ausgebaut werden.

Der Rat der Weiterbildung – KAW e.V. versteht sich als Plattform für Akteure der allgemeinen, politischen, beruflichen und wissenschaftlichen Weiterbildung in Deutschland. Er nimmt – unabhängig und überparteilich – Aufgaben der Politikberatung wahr und ist Ansprechpartner und Impulsgeber für die Weiterbildung. Mitglieder im Rat der Weiterbildung – KAW sind auf Bundesebene agierende Trä-ger, Verbände, Institute sowie Vertreter der Wissenschaft, Politik und Medien. Er wurde 1987 als „Konzertierte Aktion Weiterbildung“ vom Bundesbildungsminister gegründet. Die neue Bundesregierung ist eingeladen, sich die Expertise der dort organisierten Verbände in der neuen Regierungsperiode einzuholen.